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23 Apr 2018

Das CO2-neutrale Kühlhaus: Basis für den fahrenden Supermarkt

Eine besondere Rolle innerhalb der Logistik der Zukunft nimmt der Online-Handel mit Lebensmitteln ein. Auch wenn hierzulande in diesem Bereich noch deutlicher Nachholbedarf besteht: Es ist ein Markt mit großem Potenzial. In den kommenden Jahren müssen daher zahlreiche neue – energieintensive – Kühlhäuser entwickelt werden. Gleichzeitig gilt es, einen CO2-neutralen Fußabdruck zu erreichen.

Der Anteil an Lebensmitteleinkäufen im Internet steigt – und stellt die Logistikbranche vor neue Herausforderungen. Quelle: Elizabeth Credo - 123rf.com

 

Die besondere Herausforderung: die Wahl des richtigen Kühlmittels

Projektentwickler stehen beim Bau von klimaneutralen Kühlhäusern vor ganz speziellen Aufgabenstellungen. Einer der wichtigsten Umweltaspekte ist dabei die Wahl des Kühlmittels. Diese hat zudem Einfluss auf die Wahl der Materialien für die dafür notwendigen Rohrleitungen.

Die natürlichen Kältemittel Kohlenstoffdioxid (R-744) sowie Ammoniak (R-717) besitzen spezifische technische Anforderungen: Kohlenstoffdioxid erfordert einen Druck von bis zu 130 bar und somit viel Energie. Ammoniak – das einzige klimaneutrale Kältemittel – ist giftig und ist nicht mit konventionellen Rohrleitungen aus Kupfer oder anderen Buntmetallen kompatibel.

Und auch wenn moderne synthetische Verbindungen deutlich umweltfreundlicher sind als die früheren FCKW-Verbindungen, wirkt sich das gängigste synthetische Kühlmittel R-134a etwa 1.430 Mal stärker auf den Treibhauseffekt aus als die entsprechende Stoffmenge Kohlenstoffdioxid.


Ein unterschätzter Faktor beim Bau: Materialien und Transport

Nicht nur der Energieverbrauch und der Ausstoß von Kohlenstoffdioxid im laufenden Betrieb sind bei der Planung eines CO2-neutralen Kühlhauses zu beachten. Die Herstellung und der Transport der Baumaterialien müssen ebenfalls berücksichtigt werden. Die dabei entstehende Emission von Kohlenstoffdioxid wird im Englischen unter dem Begriff „Embodied Carbon“ zusammengefasst und ist Teil der Gesamtklimabilanz.

Für die Fertigung von Stahl und Beton wird beispielsweise viel Energie benötigt, die als Faktor in die CO2-Rechnung einfließt. Und um beim Transport eine möglichst positive CO2-Bilanz zu erreichen, empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit lokalen Anbietern, anstatt günstig aus China einschiffen zu lassen.

Der Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen trägt positiv zur Gesamtklimabilanz bei. Quelle: SEGRO

Die „soften“ Faktoren

Es gibt noch weitere Faktoren, die den ökologischen Fußabdruck einer Logistikimmobilie beeinflussen. Diese lassen sich nur schwer in Zahlen wiedergeben und daher nicht in die Rechnung der CO2-Neutralität einbinden. Dennoch sind sie maßgeblich für eine positive Energiebilanz. Dazu gehört entscheidend die Lage des Objekts. Denn eine verkehrsgünstig gelegene Immobilie sorgt mit kurzen Anfahrts- und Lieferwegen für weniger Emissionen durch die Lieferfahrzeuge. Auch die Wahl des Antriebs hat Einfluss auf die Energiebilanz – daher setzen schon heute viele KEP-Dienstleister auf Elektro-Fahrzeuge.

 

Der positive ökologische Fußabdruck ist möglich

Eine neutrale CO2-Bilanz – das ist das Ziel für alle neu entwickelten Immobilien, um die gesamtgesellschaftlich wichtige Energiewende zu erreichen.

Um die Gesamtklimabilanz zu verbessern, muss auf Objektebene angesetzt werden – von der Planung über die Nutzung bis hin zum möglichen Abriss einer Immobilie muss der CO2-Ausstoß stets berücksichtigt werden. Um diesen zu minimieren, bedarf es unterschiedlicher Maßnahmen. Möglich sind die Simulation zukünftiger Prozesse und Wege, der Einsatz von umweltfreundlichen Materialien und die Erzeugung von eigenem grünen Strom.

 

Vermeintliche „Abfälle“ sauber nutzen

Für eine vollständige CO2-Neutralität lässt sich zudem der Energieverbrauch der „Kühl-Immobilie“ durch weitere Mittel reduzieren.

Beispielsweise kann die Abwärme der Kühlaggregate bei niedriger Temperatur als Fußbodenheizung für die ungekühlten Bereiche herangezogen werden. In einem größeren Gewerbepark, in dem gekühlte und beheizte Flächen existieren, können ein mit regenerativer Energie betriebenes Blockheizkraftwerk und eine Wärmepumpe sowohl Kälte als auch die Wärme liefern.

 

Das Fazit

Das Thema Nachhaltigkeit von Logistikobjekten sollte nicht allein aus ökologischen Gesichtspunkten beurteilt werden, sondern auch aus ökonomischen. Eine CO2-neutrale Immobilie – in diesem Fall ein Kühlhaus – lässt sich deutlich besser vermarkten. Und es werden zukünftig nicht nur Kosten durch die energieoptimierte Bauweise eingespart, sondern auch den zu erwartenden gesetzlichen Änderungen im Hinblick auf Energieeffizienz und Schadstoffausstoß vorgegriffen.

 

Was ist „Embodied Carbon“?

Unter dem englischen Begriff „Embodied Carbon“ versteht man die Summe der CO2-Emissionen eines Gebäudes, die aus den Baumaterialien, dem Bauprozess, allen Einrichtungsgegenständen sowie dem Dekonstruieren und Entsorgen am Ende der Lebensdauer entsteht.

Wie kann „Embodied Carbon“ optimiert werden?

  • Einsatz moderner Simulationsprogramme, mit deren Hilfe Abläufe, Produktionswege sowie zukünftige Nutzungsoptionen dargestellt werden
  • Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen
  • Auswahl lokaler Anbieter, um Transportwege zu reduzieren
  • Wiederaufbereitung und Recycling von entstehenden Abfallstoffen 
  • Einsatz von Systemen und Produkten mit langer Lebenserwartung 
  • Sanierung statt Abriss und Wiederaufbau