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7 May 2019

Die Logistikimmobilie der Zukunft: Drei Fragen an Sebastian Ott

Megatrends wie die Digitalisierung und der E-Commerce verändern die Logistik. Welchen Anforderungen muss die Logistikimmobilie der Zukunft gerecht werden? Und worauf achten Sie bei der Planung schon heute?

Sebastian Ott ist Investment Director Northern Europe bei SEGRO. Im Interview erklärt er, was eine Logistikimmobilie „zeitlos“ macht.

Momentan ist wirklich so einiges im Fluss, wobei viele Prozesse, die in der Zukunft völlig normal sein werden, sich heutzutage erst erahnen lassen. Da wir die Anforderungen noch nicht kennen, setzen wir zunächst einmal auf Flexibilisierung: Gebäude sollten so geplant werden, dass sie sich auch in 20 oder 30 Jahren noch bewähren. Denn eines ist sicher: Die Ansprüche werden sich ebenso verändern wie beispielsweise die Produktionsprozesse. Momentan sorgt der 3D-Druck für völlig veränderte Bedürfnisse an eine Produktionsimmobilie. Dort steht jetzt nicht mehr die Größe der Immobilie im Vordergrund, sondern vielmehr die technischen Voraussetzungen, um die Vernetzung der einzelnen Produktionsabläufe zu gewährleisten. Je nachdem, welche Konzepte für Mobilität und Transport gefunden werden, können sich die heutigen Anforderungen aber in einigen Jahren schon wieder grundlegend verändern. Eine zeitgemäße Logistik- oder Produktionsimmobilie sollte also ohne großen Aufwand umgenutzt und anders gestaltet werden können. Gleiches gilt für die Mietverträge: Sowohl die Vertragslaufzeit als auch die Flächengröße sollte möglichst flexibel gestaltet sein – und gleichzeitig allen Beteiligten eine grundlegende Sicherheit geben. Ein Balanceakt. Den man allerdings meistern kann, indem man versucht, ein Unternehmen an mehreren Standorten als Mieter zu gewinnen. So kann man in einem partnerschaftlichen Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter – also in diesem Fall uns –Flächen und Laufzeiten in einem fortlaufenden Prozess miteinander optimieren. Für eine solche Zusammenarbeit bieten unsere Gewerbeparks und die dort ansässigen Mieter beste Voraussetzungen.


„Paris Air2 Logistique“: Die erste Multilevel-Logistikimmobilie in Frankreich. Auf zwei Ebenen können hier Lkw rangieren
„Paris Air2 Logistique“: Die erste Multilevel-Logistikimmobilie in Frankreich. Auf zwei Ebenen können hier Lkw rangieren

Thema Flächen: Vor allem in den Großstädten und deren Umgebung wird es eng. Welche Konsequenzen hat das?

Man muss kreativ sein. Eine Möglichkeit ist es, bereits bestehende Flächen in anderer Weise zu nutzen. In vielen Fällen geht das beispielsweise auf Grundstücken, auf denen schon früher Produktion stattfand. Diese alten Industriestandorte, in der Fachwelt Brownfields genannt, lassen oft attraktive Mischnutzungen zu. Das heißt, dass neben dem klassischen Gewerbe auch Freizeit- und Sportangebote – etwa ein Indoor-Spielplatz, eine Soccer- oder Kletterhalle – als Mieter infrage kommen.  Allerdings reichen Brownfields allein nicht mehr aus. Die Antwort darauf liegt dann in der Höhe: In England und Frankreich haben wir beispielsweise schon mehrere mehrstöckige Immobilien entwickelt. In Deutschland konnten wir in München eine erste Multilevel-Immobilie realisieren. Der Clou an diesen Immobilien ist, dass es nicht mehr die klassische Aufteilung gibt: oben Büros, unten Verteilzentrum. Auch dort hat die Flexibilisierung Einzug gehalten: In unserer Immobilie in München sitzt beispielsweise ein Lebensmittel-Lieferdienst. Dieser nutzt das obere Geschoss via Außenrampe, um Sprinter zu be- und entladen. Diese fahren dann in die nur 15 Minuten entfernte Innenstadt und können so auch eine vermeintliche „Same Hour Delivery“ gewährleisten. Das Modell ist zudem bei einer Nachvermietung durchaus sinnvoll. Es bedarf für die beiden Ebenen nicht wie aktuell einen Mieter – sondern es können auch zwei oder mehr Unternehmen die Immobilie nutzen. Und auf beiden Ebenen Außenrampe nutzen. Das ist die Flexibilität, die eine Immobilie zukünftig braucht.


Wie muss man sich das vorstellen?
Bauen Sie dann einfach zwei Hallen übereinander, die den gleichen Zweck haben?

Das kommt ganz auf den vorgesehenen Zweck an. In vielen Logistik- oder Produktionsimmobilien sind natürlich auch Büros nötig. Das war schon immer so. Auf mehreren Stockwerken ergeben sich einfach viel mehr Möglichkeiten für unterschiedliche Funktionen. In München, wo SEGRO Germany 2017 die erste zweistöckige Logistikimmobilie realisiert hat, ist wie schon gesagt eine befahrbare Außenrampe integriert. Es gibt also auch im Obergeschoss die Möglichkeit, direkt an die Laderampe zu fahren. Wir könnten aber genauso Lagerflächen im Untergeschoss mit einer Produktion obendrüber kombinieren. Gleichzeitig achten wir darauf, Umbauten schnell und unkompliziert umsetzen zu können. In einem variablen Zwischengeschoss, einer sogenannten Mezzaninfläche, können sich dann beispielsweise Büros oder kleinere Maschinen befinden. Noch deutlicher wird diese Multilevel-Lösung anhand des Air2in Paris. Dort sind tatsächlich zwei Lagerhallen übereinander gebaut worden. Allerdings im besten Sinne. Durch die Außenrampe können Lkw problemlos die erste Etage erreichen und auf der oberen Etage bemerkt man keinerlei Unterschied zum Erdgeschoss. An- und Ablieferung erfolgen ebenso problemlos und schnell – nur halt im ersten Geschoss. Wenn ich es also möglichst prägnant formulieren sollte: Die Logistikimmobilie der Zukunft muss sich so gut es geht an die Umgebung und die Besonderheiten der Zeit anpassen können. Auch wenn wir diese noch nicht im Detail kennen.

Wir danken Ihnen für dieses Gespräch.